Dieser Beitrag erinnert einleitend an die Bedeutung einer Abwicklung Zug um Zug bei Austauschverträgen.
Sodann wendet er sich speziellen Vertragstechniken zu, mit denen Zug um Zug auch beim Immobilienkauf sichergestellt werden kann.
Abwicklung Zug um Zug statt Vorleistung einer Partei (Grundsatz)
Nach den Grundsätzen der §§ 320, 322 Abs. 1 BGB ist beim gegenseitigen Vertrag keine Partei zur Vorleistung verpflichtet; beide Parteien sind nur Zug um Zug zur Leistung verpflichtet. Dies gilt insbesondere für sog. „Austauschverträge“ − also Verträge, bei denen in der Regel eine Sachleistungsverpflichtung einer Seite der Geldleistungsverpflichtung der anderen Seite gegenübersteht (Heussen/Pischel (Hrsg.)/Imbeck, Vertragshandbuch, 5. Auflage 2021, S. 491).
Zug um Zug beim Immobilienkauf essenziell
Beim Immobilienkauf mit typischerweise sehr hohen Immobilienwerten und kreditfinanzierten Kaufpreiszahlungen ist die Abwicklung Zug um Zug aus Verkäufer-, Käufer- und Bankensicht essenziell.
Zug um Zug bei anderen Austauschverträgen
Der Grundsatz der Leistung Zug um Zug kann grundsätzlich nur bei Bargeschäften – z.B. beim Kauf von Ware über die Ladentheke – auf praktische Art und Weise sichergestellt werden.
In Fällen, in denen die Geldleistung unbar erbracht wird, behilft sich die Vertragspraxis meist aufschiebender Bedingungen.
Z.B. beim Forderungskauf ist es rechtlich möglich (jurisPK-BGB 9. Aufl. 2020 / Rosch, § 398 Rn. 36 m.w.N.) und üblich, dass die Abtretung der Forderung(en) unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung erklärt wird (§§ 158 Abs. 1, 398 BGB).
Ein aufschiebend bedingter Rechtsübergang funktioniert auch beim Kauf beweglicher Sachen (§§ 158 Abs. 1, 929 S. 1 BGB). Hier hat der Gesetzgeber mit der Regelung zum Eigentumsvorbehalt sogar eine ausdrückliche Klarstellung geschaffen (§ 449 BGB).
Aufschiebend bedingte Auflassung unwirksam
Anders ist die Rechtslage beim Immobilienkauf: Hier kann zwar das schuldrechtliche Kausalgeschäft (der Kaufvertrag) unter eine aufschiebenden Bedingung gestellt werden. Die für die Erfüllung der Eigentumsverschaffungspflicht (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB) notwendige Auflassung – d.h. die Einigung über den Eigentumsübergang – ist hingegen nach dem Willen des Gesetzgebers bedingungsfeindlich. Die Auflassung muss − um wirksam zu sein − stets unbedingt erklärt werden (§ 925 Abs. 2 BGB).
Zug um Zug in der Immobilienkautelarpraxis
Die immobilienrechtliche Kautelarpraxis knüpft zur Realisierung einer Abwicklung Zug um Zug nicht bei der Auflassung an, sondern bei der Eintragung des Erwerbers als Eigentümer im Grundbuch. (Hintergrund: Nach § 873 BGB ist die Eintragung des Erwerbers neben der Auflassung notwendig für den Eigentumsübergang bei Immobilien.)
Hinweis: In der Praxis wird die Eintragung des Käufers als Eigentümer im Grundbuch auch Umschreibung genannt.
Zur Bewirkung eine Umschreibung Zug um Zug gegen vollständige Zahlung des Kaufpreises hat die Kautelarpraxis zwei pragmatische Verfahrensweisen entwickelt:
Bei der Ausfertigungslösung (vgl. Heckschen/Herrler/Münch, Beck’sches Notar-Handbuch, 7. Auflage 2019, bearbeitet von Krauß § 1 Rn. 453) erteilt der Verkäufer auch die nach § 19 GBO erforderliche Bewilligung der Eigentumsumschreibung bereits in der Kaufurkunde. Jedoch wird der Notar von beiden Parteien gemeinsam angewiesen, die Eigentumsumschreibung erst dann beim Grundbuchamt zu beantragen, wenn der Käufer den Kaufpreis vollständig geleistet hat. Zusätzlich wird dem Notar untersagt, in der Zwischenzeit dem Käufer oder dem Grundbuchamt eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der die Auflassung und die Eintragungsbewilligung enthaltenden Urkunde zu erteilen.
Die Ausfertigungslösung wird auch beurkundungsrechtliche Lösung mit Vollzugs- und Ausfertigungssperre genannt.
Die zweite Alternative ist der sog. grundbuchrechtliche Weg – auch Bewilligungslösung genannt (vgl. Krauß a.a.O. , Rn. 455). Hier wird in der Urkunde ausdrücklich klargestellt, dass der Verkäufer noch keine gemäß § 19 GBO erforderliche Eintragungsbewilligung im Zusammenhang mit der Auflassung erteilt hat. Der Verkäufer behält sich stattdessen die Eintragungsbewilligung ausdrücklich vor. Der Notar wird in der Urkunde von beiden Parteien übereinstimmend angewiesen, den Eigentumswechsel − mittels Eigenurkunde − zu beantragen, wenn der Käufer den Kaufpreis vollständig gezahlt hat. In einer anderen Variante verpflichtet sich der Verkäufer, die Eintragungsbewilligung Zug um Zug gegen Kaufpreiszahlung zu erklären.
Zahlung auf Notaranderkonto als weiteres Sicherungsinstrument
Insbesondere durch ein Notaranderkonto, auf das der Käufer den Kaufpreis zu zahlen hat, kann die gewünschte Zug-um-Zug-Abwicklung zusätzlich sichergestellt werden.
In der Regel kann jedoch (s.o.) auf ein Notaranderkonto verzichtet werden.
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