Lesezeit: 2 Min. | Aktualisiert am 26. November 2021

Einführung

Eine Abtretung ist ein streng zweiseitiges Rechtsgeschäft zwischen bisherigem Gläubiger (Zedent) und neuem Gläubiger (Zessionar). Eine Abtretung bedarf weder der Mitwirkung des Schuldners noch seiner Kenntniserlangung.

Eine Abtretung kann wirksam sein oder nicht, ist also immer mit einer gewissen Rechtsunsicherheit behaftet. Auch kann der Zeitpunkt des Forderungsübergangs unklar sein. Deswegen kommt es aus Sicht des Verpflichteten auf die einschlägigen Schuldnerschutzvorschriften an. Diese Regelungen haben im Bankrecht und anderswo eine hohe praktische Bedeutung.

Ausgangssituation und Problemstellung

Ein Gläubiger hat eine Forderung gegen einen Schuldner.

Dieser bisherige Gläubiger (Zedent) will die Forderung an einen neuen Gläubiger (Zessionar) abtreten und verständigt sich dahingehend mit dem Zessionar.

Der Schuldner läuft Gefahr:

  • an den Falschen zu leisten bzw. doppelt in Anspruch genommen zu werden sowie
  • in Schuldnerverzug zu geraten.

Die aus Schuldnersicht wichtigsten Konstellationen werden nachfolgend besprochen.

Stille Abtretung

Insbesondere beim Factoring oder der Forderungsverbriefung (asset securitisation) kommt es regelmäßig zu Situationen, in denen der Zessionar die Forderung durch Abtretung erwirbt, aber die Abtretung dem Schuldner nicht bekannt gegeben wird. Meistens ist eine solche stille (!) Abtretung dadurch motiviert, dass der Zedent für den Zessionar (entgeltlich) das Inkasso übernimmt und der Schuldner daher weiterhin auf das Konto des Zedenten zahlen soll.

In anderen Fällen der stillen Zession versäumen es Zedent und Zessionar aus sonstigen Gründen den Schuldner über die Abtretung in Kenntnis zu setzen.

Die Rechte des Schuldners bei der stillen Abtretung sind in § 407 BGB geregelt: Nach Abs. 1 der Vorschrift kann der gutgläubige Schuldner weiterhin mit schuldbefreiender Wirkung an den Zedenten leisten. Nach Abs. 2 muss der Zessionar auch Urteile gegen den Zedenten gegen sich gelten lassen.

Zedent zeigt Schuldner Abtretung an

Wenn der Zedent dem Schuldner eine Abtretung angezeigt hat, kann der Schuldner wegen Bösgläubigkeit nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Zedenten leisten (§ 407 Abs. 1 BGB).

Seine Anzeige bewirkt darüber hinaus, dass der Zedent nicht mehr in der Lage ist, die Forderung gegenüber dem Schuldner geltend zu machen, und zwar selbst dann, wenn die Abtretung in Wirklichkeit nicht erfolgt ist oder nicht wirksam ist (§ 409 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Wenn der Zedent dem Schuldner die Abtretung schriftlich – also in Schriftform – oder in gleichwertiger Form angezeigt hat, kann der Zessionar von dem Schuldner Leistung verlangen (§ 410 Abs. 2 BGB).

Solange die Anzeige nur mündlich oder in Textform (E-Mail etc.) erfolgt, kann der Schuldner dem Zessionar gegenüber die Leistung verweigern und Mahnungen etc. zurückweisen (§ 410 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB).

Zessionar händigt Schuldner Abtretungsurkunde aus

Ähnlich wie bei der schriftlichen Abtretungsanzeige liegt der Fall nach § 410 Abs. 1 BGB, wenn der Zessionar dem Schuldner eine von dem Zedenten ausgestellte Abtretungsurkunde aushändigt. (Aushändigen ist mehr als Vorlegen. Aushändigen bedeutet Besitzverschaffen, vgl. § 402 BGB).

Als Folge der Aushändigung:

  • ist dem Zedenten die Geltendmachung der Forderung verwehrt (§ 407 Abs. 1 BGB)
  • muss der Schuldner an den Zessionar leisten (§ 410 Abs. 1 BGB).

Porträt Dr. Mark Odenbach

Autor: Dr Mark Odenbach

Dr. Mark Odenbach ist ein wirtschaftsrechtlicher Strukturierer, Vertragsgestalter und Wirtschaftsanwalt mit internationaler Ausrichtung. Er arbeitet mehrsprachig.

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 Aktualisiert am 26. November 2021

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